Veranstaltung: | Kommunalwahlprogramm 2019 |
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Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 25.07.2018, 19:35 |
Antragshistorie: | Version 1 |
A12NEU: 12. Kapitel: Sicherheit und Ordnung
Text
Kapitel Sicherheit und Ordnung
Der Wunsch der Bürger*innen nach Sicherheit hat an Bedeutung gewonnen –
unabhängig von der aktuell deutlich verbesserten Sicherheit. In der aktuellen
Stimmungslage werden schnell Maßnahmen wie Videoüberwachung oder eine
Verschärfung des Strafrechts gefordert – ohne Berücksichtigung der Wirksamkeit,
bestehender Gesetze und der Werte unseres Grundgesetzes. Wir GRÜNE verwehren uns
gegen Schnellschüsse und vereinfachende Antworten. Wir setzen auf angemessene
und verhältnismäßige Maßnahmen, die nachhaltig wirken, und auf den Schutz
unserer Grund- und Bürgerrechte. Wir wollen mehr Sicherheit, aber nicht auf
Kosten unserer Freiheit.
Sicherheit und Sicherheitsgefühl
Sicherheitsgefühl stärken, Angsträume auflösen
Es ist Aufgabe des Staates Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten – wissend,
dass es absolute Sicherheit nicht geben kann, noch dass sie mit ihren
Konsequenzen erstrebenswert wäre. Neben der tatsächlichen Kriminalitätsbelastung
ist auch die gefühlte Kriminalitätsbelastung von Bedeutung. Der Staat muss
sicherstellen, dass der öffentliche Raum den Menschen zur Verfügung steht. Wenn
dieser aber als unsicher wahrgenommen wird, wird er von der Bevölkerung nicht
genutzt und steht ihr faktisch nicht zur Verfügung. Daher wollen wir GRÜNE für
einen lebenswerten und sicheren öffentlichen Raum sorgen. Die Stadtplanung muss
die Entstehung von Angsträumen vermeiden. Wo diese Angsträume bereits bestehen,
wollen wir durch eine bessere Beleuchtung, die Schaffung von Sichtverbindungen
sowie verbesserte Wegebeschilderungen das Sicherheitsgefühl erhöhen. Zum
öffentlichen Raum zählen für uns auch die Bereiche des öffentlichen
Personennahverkehrs (ÖPNV). Wir GRÜNE wollenden ÖPNV ausbauen, gerade bezogen
auf die Abend- und Nachtstunden, um allen Menschen einen sicheren Heimweg zu
ermöglichen. Wo ein Ausbau des regulären ÖPNV nicht möglich oder leistbar ist,
wollen wir Ersatzmöglichkeiten schaffen, wie das von uns initiierte
Frauennachttaxi.
Gut ausgebildete Polizeikräfte statt Videokameras
Videokameras helfen im Normalfall nicht, Kriminalität zu verhindern, sondern
führen oft nur zu einer Verdrängung an andere Orte. So ist der Bahnhofsvorplatz
seit vielen Jahren überwacht, aber eine Besserung der Situation hat sich nicht
eingestellt. Die versprochene neue Form der intelligenten Videoüberwachung
funktioniert nicht. Wir GRÜNE setzen statt auf Videoüberwachung auf
Polizeistreifen, die zu Fuß oder per Fahrrad unterwegs und damit ansprechbar
sind. Diese können sofort einschreiten und sind damit die weitaus bessere
Alternative. Dort, wo es wiederholt zu schweren Straftaten wie Gewaltdelikten
kommt, kann eine temporäre Videoüberwachung als Ergänzung Sinn machen. Eine
dauerhafte oder großräumige Videoüberwachung unbescholtener Bürger*innen lehnen
wir jedoch ab. Es ist die Aufgabe der Polizei, die Sicherheit der Bürger*innen
zu gewährleisten und sie vor Straftaten zu schützen. Die kommunalen
Ordnungskräfte, die von der Stadt ergänzend eingesetzt werden, haben nur
begrenzte Kompetenzen und können die Polizei nicht adäquat ersetzen. Solange
dieser Ordnungsdienst benötigt wird, muss er angemessen qualifiziert werden. Wir
GRÜNE setzen uns dafür ein, die Ausbildung aufzuwerten und noch stärker an der
Polizeiausbildung auszurichten. Wir wollen, dass sich der Ordnungsdienst um
relevante Störungen wie gefährdendes Parken bis hin zum Randalieren bei
Trunkenheit kümmert, nicht aber z.B. Kinder von Wiesen und Brunnen vertreibt.
Gestaltung des öffentlichen Raumes verbessern
Wir GRÜNE wollen den öffentlichen Raum baulich so gestalten, dass sich dort alle
wohlfühlen können, unabhängig von Geschlecht, Alter oder Herkunft. Wir wollen
durch kreative Lösungen Un-Orte umgestalten. Wir GRÜNE wollen Menschen
ermutigen, ihre unmittelbare Nachbarschaft z.B. durch Urban Gardening und
Straßenfeste mitzugestalten, zu beleben und aus der Anonymität zu holen. Denn
wir sind überzeugt, dass eine gute Nachbarschaft einer der wichtigsten Beiträge
zu mehr Sicherheit im Quartier ist. Ein großes Problem des öffentlichen Raumes
sind auch parkende Autos. Vielfach versperren sie Wegeverbindungen und
Sichtbeziehungen durch unberechtigtes Parken, oft ohne Konsequenzen. Auch wenn
es notwendig wäre, findet ein Abschleppen oft nicht statt. Sogar
Rettungseinsätze werden regelmäßig durch falsches Parken behindert. Die
Verkehrsüberwachung muss daher dringend verstärkt werden und auch in den
Stadtteilen präsent sein.
Alkoholkonsum im öffentlichen Raum
Ein Verbot von Alkoholkonsum auf öffentlichen Plätzen wird immer wieder
debattiert. Wir GRÜNE stehen dazu, dass es im öffentlichen Raum grundsätzlich
erlaubt sein muss, Alkohol zu konsumieren, und dies nicht nur in den
Außenbewirtungen oder bei Fasnacht oder Stadtfest. Dieses Recht soll allen
gleichermaßen zustehen, unabhängig von finanzieller Situation, jungen
Erwachsenen ebenso wie Älteren. Gleichzeitig müssen wir jedoch feststellen, dass
dieses Recht an einzelnen Plätzen überbeansprucht wird und mit Ordnungsstörungen
einhergeht. Wir GRÜNE wollen dies angehen und erwarten, dass die Polizei in
solchen Fällen konsequent Platzverweise ausspricht. Komplette Verbotszonen
brauchen wir in Mannheim jedoch nicht.
Prävention vor Kriminalität
Auch wenn die Kriminalität in Mannheim zuletzt deutlich gesunken ist, ist sie
weiterhin zu hoch. Als GRÜNE wollen wir Kriminalität lieber von vornherein
verhindern als sie später verfolgen zu müssen. Wir GRÜNE wollen die
Präventionsarbeit ausbauen und schlagen hierfür u.a. eine gezielte Kampagne für
mehr Aufmerksamkeit im öffentlichen Raum und mehr Zivilcourage vor, um das
Verantwortungsgefühl der Menschen wieder zu aktivieren. Wir setzen auf eine enge
Verzahnung des Hauses des Jugendrechts und des Jugendamtes, um Heranwachsende
auf den richtigen Weg zu helfen. Präventionsarbeit bedeutet für uns nicht nur
klassisch Aufklärungsarbeit und Streetwork, sondern auch bildungs-, jugend-,
sozial-, wohnungs- und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen. Eine Gesellschaft, die
allen Menschen eine gerechte Teilhabe gewährleistet, erzeugt deutlich weniger
Kriminalität. Die Anzahl von Schusswaffen in der Hand von Privatpersonen und in
Privathaushalten ist nach wie vor deutlich zu hoch. Waffen stellen per se eine
Gefahr dar. Als GRÜNE wollen wir die Anzahl von Waffen in Mannheim deutlich
reduzieren. Wir wollen den Rhythmus der Waffenkontrollen verdichten und die
Subventionierung der Waffenkontrollgebühren beenden. Wer Waffen privat
aufbewahrt, soll die dadurch verursachten Kosten selber tragen.
Gute Arbeitsbedingungen für Rettungskräfte
In Notlagen sind wir neben der Polizei auf Feuerwehr und Rettungsdienste
angewiesen. Diese leisten für unsere Gesellschaft unerlässliche Dienste, sei es
im Hauptamt oder im Ehrenamt. Durch verbesserte Rettungsdienststrukturen mit
eigener Leitstelle kann die Hilfeleistung in Mannheim zukünftig sichergestellt
werden. Wir GRÜNE setzen uns dafür ein, dass auch Ausrüstung, Fuhrpark und
Gebäude von Feuerwehr und Rettungsdiensten Stück für Stück modernisiert und
aktuellen Bedürfnissen angepasst werden. Ehrenamtliches Engagement in diesem
Bereich werden wir weiter fördern.
Opfer von Kriminalität besser unterstützen
Oft dreht sich die Debatte nur um die Verhinderung und Aufklärung von Delikten.
Die Opfer finden wenig Beachtung. Wir GRÜNE wollen die Opfer von Straftaten
stärker unterstützen und setzen uns für eine bessere Finanzierung von
Beratungsstellen ebenso wie von Frauenhäusern ein. Das Grundproblem der
Finanzierung von Frauenhäusern kann nur überörtlich gelöst werden. Denn Frauen
müssen oftmals ihren Heimatort verlassen, um sicher zu sein und dafür stellt
Mannheim überproportional viele Plätze bereit. Gewalt gegen Frauen ist seit
jeher ein Problem. Dieses wurde zuletzt auch deshalb ein politisches Thema, da
viele Menschen zugewandert sind, die sozialisationsbedingt Schwierigkeiten mit
unserem Verständnis der vollen Gleichberechtigung von Mann und Frau haben. Hier
braucht es eine aktive Zusammenarbeit des Fachbereichs Demokratie und Vielfalt
mit Migrantenvereinen. Das Problem sexualisierter Gewalt ist aber im selben Maß
ein Thema für Einheimische wie für Zugewanderte. Wir GRÜNE werden
Alltagssexismus thematisieren und Tabuthemen offen ansprechen. Die Stadt muss
konsequent gegen sexistische Werbung im öffentlichen Raum vorgehen und ihre
Mitarbeiter*innen, insbesondere im Bereich Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit
gezielt zu diesem Thema fortbilden. Wir schlagen eine regelmäßige Gesprächsrunde
von Stadtverwaltung und Polizei mit den Betreiber*innen von Diskotheken und
Festen vor, in der Themen wie sexuelle Übergriffe und Einsatz von KO-Tropfen
behandelt werden.
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